RTK-Vizepräsident Thomas Ziegler, Geschäftsführer des Design Center Linz und Vorstandsdirektor der LIVA (Linzer Veranstaltungsgesellschaft), im Gespräch über die Auswirkungen von Corona auf den Tagungs- und Eventsektor  

Mag. Thomas Ziegler, Bild: Design Center Linz

RTK.Blog: Bis Ende Juni sind jegliche Veranstaltungen untersagt. Nach neuesten Aussagen der Bundesregierung gilt das Verbot für Großevents bis Ende August. Wie gehen Sie in Ihrem Bereich damit um?

Thomas Ziegler: Wir haben aufgrund des Erlasses der Bundesregierung vom 10.3., nach dem 100 bzw. 500 Personen In- und Outdoor nicht mehr möglich waren, tabula rasa gemacht. In all unseren Einrichtungen wären wir mit unseren Besucherzahlen über die Limits gekommen, daher sind wir sofort auf Notbetrieb heruntergefahren. Per 16.3. haben wir dann auch sämtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Zustimmung des Betriebsrates zur COVID-19-Kurzarbeit angemeldet, um die Arbeitsplätze zu sichern.

Welche Einrichtungen und Veranstaltungen sind davon betroffen?

Betroffen sind hier bei der LIVA die TipsArena, das ist die Sport- oder Stadthalle, wo Konzerte und sportliche Events vergleichbar der Wiener Stadthalle stattfinden. Wir organisieren auch den Oberbank Linz Donau Marathon, den mussten wir ebenfalls absagen.

Weiters haben wir das Brucknerhaus und den Posthof, das ist ein Kulturzentrum für Rock, Kabarett und Tanz mit Kapazitäten bis 1000 Leute, geschlossen. Abgesagt haben wir auch unser Ahoi! Pop Open Air vor dem Brucknerhaus. Da hätten wir heuer an drei Tagen folkshilfe, Sido und Wanda für Juli gehabt und waren auch schon gut verkauft.

Design Center Linz Ausstellungshalle, Bild: Jens Weber München

Im Design Center Linz waren wir bis Ende Juni mit 21 Business-Veranstaltungen sehr gut gebucht. Diese können nun nicht stattfinden. Aber auch eine große Publikumsmesse, den Linzer Autofrühling mit rund 30.000 erwarteten Besucherinnen und Besuchern, mussten wir absagen. Der wäre vom 13. bis 15. März gewesen, also genau zu Beginn der Verkehrsbeschränkungen.

Was bedeutet das in Hinblick auf Einnahmenverluste?

Unter der Voraussetzung, dass das Geschäft im Herbst wieder beginnt, rechnen wir mit einem Minus von 40% im Design Center. Konkret reden wir hier von einem Verlust beim Deckungsbeitrag von knapp einer dreiviertel Million Euro. Hier haben wir noch dazu die spezielle Situation, dass wir nicht nur die Räume vermieten, sondern auch die technischen Lösungen inhouse machen. Wir haben sehr viel in technisches Equipment investiert und erlösen hier einen deutlich höheren Deckungsbeitrag als durch die Raumvermietung.

Konnten Sie Veranstaltungen auf einen späteren Zeitpunkt verschieben?

In beiden Unternehmen – Design Center und LIVA – haben wir den ersten Schritt so gesetzt, dass wir versucht haben, mit unseren Kunden Verschiebungen in den Herbst vorzunehmen. Das ist teilweise geglückt. Da spreche ich auch für die Branche. Denn ich bin mit den Kolleginnen und Kollegen der großen Hallen und Veranstaltungszentren in Kontakt und kann sagen, dass wir in allen Häusern einen vollgestopften Herbst vorfinden. Da muss man auch aufpassen, dass nicht ein Overkill entsteht, den der Markt gar nicht annimmt.

Das heißt, die Branche kann sich auf einen starken Herbst einstellen?

Laut Buchungskalender ist es so. Die Frage ist aber, inwieweit unsere Gäste sich überhaupt trauen, sich eine Karte für ein Konzert zu kaufen oder auf eine Messe zu gehen. Das gilt auch für Veranstalter, die Seminare oder Kongresse ausgeschrieben haben. Da ist es derzeit einfach noch ungewiss, ob da die Leute nicht aus Furcht vor einer Gesundheitsgefährdung abspringen, auch wenn die Bestimmungen gelockert würden und es gesetzlich erlaubt wäre.

Was wir momentan nicht abschätzen können, ist der emotionale Faktor. Hier kann niemand konkret etwas vorhersagen, denn das hat es in der Form wie die jetzige Pandemie noch nie gegeben.

Design Center Linz, Foyer West, Bild: Jens Weber München

Gibt es hier schon Überlegungen in Hinblick auf Bestuhlung und weitere Maßnahmen, um hier den Menschen eventuelle Ängste zu nehmen oder auch noch zu erwartenden Bestimmungen seitens der Regierung gerecht zu werden?

Natürlich. Bei der LIVA arbeiten wir genau daran, inwieweit wir den Konzertbetrieb in der neuen Situation stattfinden lassen können. Da entwerfen wir jetzt Szenarien mit möglichen Restriktionen, damit wir nicht erst zum Nachdenken anfangen müssen, wenn konkrete Vorgaben kommen. Daher planen wir schon, kleinere Formate, die wir sonst im mittleren oder kleinen Saal des Brucknerhauses gemacht hätten, in den großen Saal zu verlegen.

Im Design Center Linz haben wir keine fixe Bestuhlung, da können wir uns ganz flexibel auf Vorgaben einstellen, die Sessel weiter auseinanderstellen, den Abstand zwischen den Reihen erhöhen, was auch immer nötig ist. Wir haben uns als multifunktionales, raumflexibles Veranstaltungszentrum positioniert und das kommt uns nun auch bei den Nachwirkungen von Corona, die es zweifellos geben wird, entgegen.

Livestreaming und Videokonferenzen sind derzeit das Meeting-Tool schlechthin. Worauf muss sich die Branche hier künftig einstellen?

Es ist jetzt momentan eine Möglichkeit, sich zwischenzeitlich zu behelfen. Es wird auch Formate geben, die man aufgrund der Coronakrise grundsätzlich überdenken kann. Da spreche ich jetzt von kleineren Meetings oder Tagungen, die möglicherweise viel Reisetätigkeit mit sich gebracht haben. Da wird sich auch die Hotellerie wahrscheinlich darauf einstellen müssen, dass manche Seminare und manche kleine Tagungen eine Zeit lang oder möglicherweise dauerhaft nur mehr über Videokonferenzen stattfinden. Das könnte ein Effekt aus der Coronakrise sein.

Aber prinzipiell habe ich eine ganz klare Haltung dazu: All diese digitalen Tools sind ein Hilfsmittel, damit eine Besprechung oder eine Tagung überhaupt stattfinden kann. Aber das Zusammentreffen von Menschen kann dadurch dauerhaft nicht ersetzt werden. Und deshalb tun wir gut daran, jetzt die Bedingungen zu schaffen, unter denen Livemeetings auch künftig stattfinden können.

Welche Maßnahmen würden Sie sich von der Regierung konkret für die Tagungsbranche wünschen?

Bundeskanzler Kurz hat in seiner ersten Pressekonferenz zur Coronakrise gesagt: „Koste es, was es wolle.“ Da sollte man auch die Branche unterstützen, die Umwegrentabilität nach Österreich bringt, nämlich die Tagungshotellerie, die Veranstaltungszentren und die gesamte Tourismusindustrie. Und mit Unterstützung meine ich Geld, das wir bekommen und nicht zurückzahlen müssen.

Es gibt seit kurzem ein neues Paket vom aws (austria wirtschaftsservice). Da fehlen aber noch die genauen Richtlinien. Mit Stundungen allein ist uns jedenfalls nicht geholfen. Wir benötigen ein Paket, in dem es konkrete Unterstützung gibt, nicht nur eine Verschiebung der Kosten. Das wäre ein klares Signal seitens der Politik, das wir unbedingt benötigen. 

Die letzte Frage gilt dem Internationalen Brucknerfest Linz, das am 4. September beginnen soll: Wird es stattfinden?

Die Planung des Brucknerfestes ist voll im Gang. Mein Kollege Mag. Dietmar Kerschbaum, künstlerischer Vorstandsdirektor der LIVA, arbeitet hier bereits an Corona-tauglichen Formaten für das Brucknerfest und die Klangwolke.

Grundsätzlich kann ich sagen: Wir setzen alles daran, um Konzertveranstaltungen, die wir schon unter Vertrag haben, in neue Formate zu gießen oder, falls erforderlich, zeitlich zu verschieben. Wir stoßen hier auch auf sehr viel Verständnis bei den Vertragspartnern, weil wir alle am selben Strang ziehen. Wir müssen alle weltweit schauen, dass der Kultur-, Veranstaltungs- und Messebetrieb wieder zu Live-Events mit Publikum und Teilnehmenden vor Ort zurückkehren kann.

Mag. Thomas Ziegler ist seit 1991 im Design Center Linz tätig, seit 2003 als Geschäftsführer. Seit 2015 ist er auch kaufmännischen Vorstandsdirektor der LIVA (Linzer Veranstaltungsgesellschaft) mit Brucknerhaus, Posthof, dem Kinderkulturzentrum Kuddelmuddel, TipsArena und den Linzer Sportstätten. Mit April 2017 übernahm Ziegler zusätzlich die Geschäftsführung der Kultur- und Veranstaltungsholding der Stadt Linz (Ars Electronica Center, LIVA, Design Center, Museums GmbH und Creative Region). Seit 2014 ist er ehrenamtlicher Vizepräsident der ARGE RTK (Round Table Konferenzhotels).  

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